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Komplexes regionales Schmerzsyndrom (CRPS) (Morbus Sudeck, Sudeck-Erkrankung, Kausalgie): Chronische Schmerzkrankheit, die nach (eventuell geringfügigen) Verletzungen oder Operationen an Armen oder Beinen auftritt. Typisch sind anhaltende, durch das Trauma nicht zu erklärende Schmerzen, die von zahlreichen Störungen begleitet werden, etwa von veränderter Schweißproduktion, Überwärmung, Schwellungen, Muskelabbau und Gelenkversteifungen. Im weiteren Verlauf drohen erhebliche Funktionseinschränkungen. Als Ursachen gelten Fehlsteuerungen bei der Weiterleitung und Verarbeitung von Schmerzreizen in Rückenmark und Gehirn.
Das Behandlungskonzept ist vielfältig, es kommen Medikamente gegen Nervenschmerzen sowie physiotherapeutische Verfahren zum Einsatz. Mithilfe der Spiegeltherapie können die veränderten Gehirngebiete wieder normalisiert werden. Für schwere, nicht beherrschbare Verläufe sind invasive Verfahren eine Option, dazu gehört beispielsweise das Einpflanzen eines Rückenmarkstimulators oder die Blockade des sympathischen Nervengeflechts.
Wird die Erkrankung frühzeitig erkannt und behandelt, ist die Prognose recht gut. Einmal aufgetretene Kontrakturen und Gelenkversteifungen lassen sich häufig nicht mehr rückgängig machen.
Am gleichen Tag, wenn
Das komplexe regionale Schmerzsyndrom (CRPS) entwickelt sich bei bis zu 5 % der Patient*innen, die eine Verletzung an Arm oder Bein haben oder dort operiert wurden. Frauen leiden häufiger darunter als Männer, der Erkrankungsgipfel liegt im mittleren Lebensalter. Arme und Hände sind doppelt so oft von einem CRPS betroffen als die unteren Gliedmaßen, besonders typisch ist die Erkrankung nach einem Speichenbruch in der Nähe des Handgelenks (d. h. bei einer distalen Radiusfraktur).
Einteilungen. Das CRPS wird in zwei Formen eingeteilt. Beim Typ I (entspricht der Sudeck-Erkrankung) finden sich die Beschwerden ohne nachweisbare Verletzung eines größeren, in Arm oder Bein verlaufenden Nerven. Das CRPS Typ II (früher Kausalgie genannt) entsteht dagegen aufgrund einer objektiv nachweisbaren Nervenschädigung. Eine weitere, klinische Einteilung ist die nach dem Aktivitätsgrad: Im Stadium der frischen, aktiven Entzündung mit Überwärmung sprechen Ärzt*innen oft von einem warmen CRPS. Beim "kalten CRPS" ist dagegen die Haut kalt, die Erkrankung hat die Phase der Entzündung schon hinter sich gelassen.
Die genauen Gründe, warum sich bei manchen Menschen nach einer Verletzung oder Operation ein CRPS entwickelt, sind nicht bekannt. Vermutet wird eine Störung der Schmerzweiterleitung und -verarbeitung in Rückenmark und Gehirn. Als mögliche Ursache diskutieren Expert*innen eine überschießende Entzündungsreaktion, bei der sich im Blut erhöhte Spiegel eines bestimmten Stoffes finden lassen: dem Calcitonin-gene-related peptide, CGRP. Diese Entzündungsreaktion beginnt an der verletzten Stelle und breitet sich dann im gesamten Körper aus – so auch im Gehirn, wo CGRP die schmerzverarbeitenden Nervenzellen empfindlicher macht. Eine weitere, ältere Hypothese geht von einer Fehlfunktion des sympathischen Nervensystems aus. Dadurch ließen sich auch die vegetativen Folgen wie Schwitzen, Durchblutungs- und Ernährungsstörungen des Gewebes erklären.
Als Risikofaktoren für die Entwicklung eines CRPS gelten
Die Erkrankung beginnt meist mehrere Wochen nach der Verletzung oder der Operation mit Ruheschmerzen, Schwellungen, Überwärmung und Berührungsempfindlichkeiten. Nach einigen Wochen oder Monaten schwillt die Gliedmaße ab und die Schmerzen bessern sich, allerdings kommt es aufgrund von Durchblutungsstörungen zum Gewebeabbau (Dystrophie): Die Haut wird dünner, blasst ab und fühlt sich kühl an, die Muskulatur wird schwächer und die Gelenke beginnen einzusteifen. Im weiteren Verlauf hat die Patient*in zwar keine Schmerzen mehr, aber Muskeln, Knochen und Weichteile bauen immer weiter ab. Am Ende ist das betroffene Gelenk durch verkürzte Sehnen, Muskeln und Bänder komplett eingesteift (Kontraktur) und die Gliedmaße gebrauchsunfähig.
Daneben gibt es Hinweise, dass bei CRPS-Patient*innen eine Körperschemastörung mit Veränderungen der betreffenden Hirnareale vorliegt Eine Körperschemastörung zeichnet sich dadurch aus, dass die Wahrnehmung des eigenen Körpers krankhaft verzerrt und für Außenstehende nicht nachvollziehbar ist. So finden sich Magersüchtige selbst dann noch viel zu dick, wenn sie objektiv längst untergewichtig sind.
Da die Beschwerden anfangs recht unspezifisch sind und oft (fälschlicherweise) mit der Verletzung in Verbindung gebracht werden, ordnet man sie in vielen Fällen erst Monate später dem richtigen Krankheitsbild zu. Dann ist es für eine vollständige Heilung meist zu spät, die Patient*in muss lebenslang mit den Funktionseinschränkungen zurechtkommen.
Den Verdacht auf ein CRPS schöpft die Ärzt*in durch die Schilderung der Beschwerden und die körperliche Untersuchung der Patient*in, unterstützt durch vorangegangene Ereignisse wie Verletzungen oder Operationen.
Für die Diagnose eines CRPS müssen folgende Kriterien erfüllt sein:
Im Zweifel zieht die Ärzt*in folgende technische Untersuchungen heran:
Differenzialdiagnosen. Je nach Beschwerdebild muss eine ganze Reihe anderer Erkrankungen ausgeschlossen werden, vor allem die tiefe Venenthrombose, Lymphabflussstörungen, Gefäßverschlüsse und Infektionen, aber auch Arthrosen, Arthritis, Gicht, Schleimbeutelentzündungen oder das Erysipel.
Mit gezielten, nach abgestuftem Plan immer schwierigeren Bewegungen trainiert die Patient*in Beweglichkeit und Kraft der betroffenen Gliedmaße. Bei der "Pain exposure physical therapy" (PEPT) soll man gezielt an die Schmerzgrenze und etwas darüber hinausgehen, auch, um die Angst vor der Bewegung zu bekämpfen. Die Propriozeptive neuromuskuläre Fazilitation (PNF) wiederum steigert Muskeltonus, Bewegung und Koordination.
In der Physiotherapie kommt zudem die Lymphdrainage zum Einsatz, da ein verbesserter Lymphabfluss Beweglichkeit und Stoffwechselprozesse vor Ort fördert.
Zu den wichtigsten Verfahren zählt die Spiegeltherapie nach Ramachandran. Sie wurde ursprünglich zur Behandlung von Phantomschmerzen erfunden. Ist beispielsweise der Arm betroffen, platziert man den Spiegel so an der Körpermitte, dass sich der gesunde Arm spiegelt (der kranke liegt hinter dem Spiegel). Für das Gehirn entsteht die optische Illusion, der gespiegelte sei der kranke Arm. Wird nun der gesunde Arm mit einem Igelball oder Wattebausch berührt und kommt es dabei nicht zu krankhaften Schmerzempfindungen, glaubt das Gehirn, der kranke (gespiegelte) Arm sei gesund. Dadurch wird die Empfindlichkeit der Gehirnzellen herunterreguliert und normalisiert, in der Folge lösen beispielsweise normale Reize auch nur eine normale Reaktion und keinen Schmerz mehr aus. Genauso funktioniert dies mit Bewegungen. Wird der gesunde Arm der Patient*in bewegt, glaubt das Gehirn, beide Arme seien beweglich. Diese Illusion aktiviert bestimmte Hirnareale, was zur Rehabilitation und einer besseren Beweglichkeit beiträgt.
Die invasiven, in den Körper eingreifenden Verfahren wie z. B. Einspritzungen in das Gehirn oder das Einpflanzen einer Elektrode in das Rückenmark haben heute an Bedeutung verloren – zum einen, weil die Erkrankung inzwischen früher erkannt wird und deswegen besser therapierbar ist, zum anderen, weil beispielsweise die Spiegeltherapie gute Ergebnisse zeigt. Zudem sind die Erfolgsaussichten der invasiven Methoden unklar. Bei schweren, mit den genannten konservativen Behandlungsmöglichkeiten nicht beherrschbaren Fällen, sind sie dennoch eine Therapieoption.
Der Verlauf der Erkrankung ist individuell sehr verschieden. Es kommen Fälle von kompletter Ausheilung, aber auch bleibende, schwere Behinderung vor. Generell gilt: Je früher die Erkrankung erkannt und behandelt wird, desto besser ist die Prognose.
In einer kleinen Studie an 100 Patient*innen kam es bei über 80 % innerhalb mehrerer Jahre zu einer Besserung bis Ausheilung, gut 40 % hatten jedoch weiterhin Schmerzen unterschiedlichen Ausmaßes.
Keine Kälte oder Wärme! Auch wenn bei vielen schmerzhaften Erkrankungen Wärme oder Kälte helfen – beim CRPS sind sie fehl am Platz. Wärme und Kältebehandlungen verschlimmern die Erkrankung.
Umschläge. Gute Erfahrungen wurden mit Retterspitz-Umschlägen gemacht. Sie sollen die vegetative Entgleisung bremsen und vor allem hilfreich gegen die "falsche" Schmerzempfindung sein (Allodynie). Retterspitz-Flüssigkeit zum Herstellen von Umschlägen ist in der Apotheke erhältlich.
Psychotherapeutische Unterstützung. Chronische Schmerzerkrankungen wie das CRPS sind häufig von psychischem Druck und Ängsten begleitet. Hier ist eine spezielle Schmerzpsychotherapie empfehlenswert. Dazu gehören Entspannungs- und Imaginationsverfahren, der Abbau von Bewegungsängsten und die Behandlung eventuell begleitender Ängste und Depressionen.
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