Gesundheit heute

Idiopathische Gesichtslähmung

Idiopathische Gesichtslähmung (idiopathische Fazialisparese): Ursächlich unklare, wahrscheinlich entzündlich bedingte Lähmung der Gesichtsmuskulatur mit überwiegend guten Aussichten für den Betroffenen. In über 80 % verschwindet die Lähmung nach 4–10 Wochen von selbst.

Leitbeschwerden

  • Einseitige Schwäche oder vollständige Lähmung der Gesichtsmuskeln mit Gesichtsasymmetrie beim Versuch, die Stirn zu runzeln oder die Backen fest aufzublasen, sowie unvollständiger Augenschluss
  • Oft Bemerken der Beschwerden am Morgen („verzogenes“ Gesicht beim morgendlichen Blick in den Spiegel) mit Verstärkung in den nächsten Stunden
  • Möglicherweise Lärmempfindlichkeit
  • Möglicherweise Geschmacksstörungen
  • Möglicherweise beeinträchtigte Tränen- oder Speichelsekretion
  • Keine Schmerzen.

Wann zum Arzt

Heute noch, wenn das Gesicht unerwartet asymmetrisch oder eine Gesichtsseite eindeutig gelähmt ist.

Die Erkrankung

Bis heute ist die Ursache der idiopathischen Gesichtslähmung unklar. Am wahrscheinlichsten ist eine Entzündung des Fazialisnervs, möglicherweise ausgelöst durch das Herpes-simplex-Virus, das auch die Lippenbläschen hervorruft.

Der Gesichtsnerv (Fazialisnerv, Nervus facialis) ist zuständig für die Bewegungen der mimischen Gesichtsmuskulatur. Zudem versorgt er die Speichel- und die Tränendrüsen sowie zwei kleine Muskeln im Mittelohr, die verhindern, dass laute Töne mit voller Wucht zum Innenohr gelangen. Darüber hinaus leitet der Fazialisnerv die Geschmacksempfindungen der Zunge zum Gehirn. Je nachdem, wo genau die (mutmaßliche) Entzündung sitzt, kommt es daher zu weiteren Beschwerden, wobei die Geschmacksstörungen den Betroffenen neben der Gesichtslähmung oft am meisten belasten.

In seltenen Fällen kann hinter einer Gesichtslähmung ein Tumor der Ohrspeicheldrüse stecken.

Das macht der Arzt

Neben der neurologischen Untersuchung sind immer auch eine Abklärung durch den Hals-Nasen-Ohren-Arzt sowie Blutuntersuchungen erforderlich, um eine Borrelieninfektion, eine Herpes-Zoster-Infektion oder Tumoren der Ohrspeicheldrüse auszuschließen. Nur wenn sich hier Verdachtsmomente ergeben, sind weitere Untersuchungen nötig.

Empfohlen wird die möglichst frühzeitige Gabe von Kortison in Form von Tabletten für etwa eine Woche, damit die Entzündung schneller abklingt. Ob zusätzlich virushemmende Medikamente helfen, ist fraglich.

Bei unvollständigem Augenschluss droht die Hornhaut auszutrocknen und dadurch Schaden zu nehmen. Dem kann durch das Einträufeln von Augentropfen tagsüber und das Einbringen von Augensalbe sowie das Anlegen eines Fertig-Uhrglasverbands über Nacht vorgebeugt werden.

Bei über 80 % der Betroffenen bildet sich die Lähmung (fast) vollständig zurück, sodass keine störenden Ausfälle zurückbleiben. Bei weniger als 10 % der Erkrankten tritt später eine erneute Lähmung auf, die aber häufig ebenfalls ausheilt.

Selbsthilfe

Sie können die Heilung durch Bewegungsübungen unterstützen, die Sie zweimal täglich vor dem Spiegel ausführen. Die hierzu notwendige Anleitung durch einen Physiotherapeuten verordnet der Arzt.

Von: Dr. med. Nicole Menche, Dr. med. Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski

Zurück

Aktuelle Beiträge zum Thema

  • Was hilft bei Muskelkrämpfen?
    Dehnen, Senf oder Banane

    Muskelkrämpfe beim Sport sind häufig. Ebenso zahlreich sind die Tipps, wie man die Krämpfe los wird. Die einen schwören auf Banane, die anderen auf Magnesium. Doch was hilft…

    mehr

  • Pflanzliches gegen Rheuma?
    Nutzen nicht belegt

    Die Natur hält viele Wirkstoffe bereit, die sich therapeutisch einsetzen lassen. Auch bei Rheuma gibt es zahlreiche pflanzliche Präparate, von denen sich Betroffene eine natürliche…

    mehr

  • Dement und aggressiv – was tun?
    Umgang mit Alzheimer-Patient*innen

    Menschen, die an einer Alzheimer-Demenz leiden, weisen oft aggressives Verhalten auf. Damit umzugehen, ist für die Pflegenden und die Angehörigen nicht einfach. Expert*innen haben…

    mehr

  • Influenza bedroht das Herz
    Achtung Grippe!

    Eine Influenza ist gefährlich. Es drohen aber nicht nur schwere Verläufe mit Lungenentzündung oder Gehirnbeteiligung. Während der Infektion ist offenbar auch das Risiko für einen…

    mehr

  • So schützt man Kinder vor Allergien
    Mit Stillen, Beikost, Säuglingsmilch

    Ob gegen Nüsse, Kuhmilch, Eier oder Schalentiere: Nahrungsmittelallergien sind in Deutschland häufig. Doch mit der richtigen Ernährung im ersten Lebensjahr können Eltern ihren…

    mehr

  • Antibiotika korrekt einnehmen
    7 Tipps für den richtigen Umgang

    Multiresistente Keime sind derzeit in aller Munde. Bei diesen Erregern wirken die meisten Antibiotika nicht mehr. Expert*innen der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände…

    mehr