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Schädel-Hirn-Verletzung (Schädel-Hirn-Trauma, SHT): Kopfverletzung mit Gehirnbeteiligung; Folgen sind Bewusstseinsstörungen bis zu Bewusstlosigkeit, aber auch Lähmungen oder Krampfanfälle. In Deutschland ereignen sich etwa 25.000 mittelschwere und schwere Schädel-Hirn-Verletzungen jährlich, mehr als zwei Drittel davon durch Verkehrsunfälle. Eine schwere Schädel-Hirn-Verletzung ist die häufigste Todesursache bei jungen Menschen zwischen 15 und 20 Jahren.
Mittelschwere oder schwere Schädel-Hirn-Verletzungen erfordern die sofortige Betreuung in einer neurochirurgischen Intensivstation. Trotz aller Fortschritte der modernen Therapie ist die Prognose bei diesen Verletzungen ernst: Bis zu 40 % der Patienten mit schwerer Schädel-Hirn-Verletzung versterben, bis zu 30 % bleiben schwer behindert.
Sofort den Arzt rufen, wenn
Hinweis: Eine ärztliche Verlaufsbeobachtung ist immer notwendig, da auch schwere Gehirnverletzungen mitunter zunächst nur wenig Symptome zeigen.
Die Schädel-Hirn-Verletzung entsteht durch Gewalteinwirkung am Kopf, vor allem bei Verkehrs- und Sportunfällen. Diese Gewalteinwirkung führt zu einer Funktionsstörung des Gehirns mit oder ohne Verletzung der Knochen, Hirnhäute oder Hirngefäße. Dabei unterscheiden die Ärzte zwischen der gedeckten und der offenen Schädel-Hirn-Verletzung, bei der die Hirnhaut zerreißt und gleichzeitig Weichteile und Schädelknochen verletzt werden. Da das Schädelinnere nun offen liegt, drohen zusätzlich Infektionen durch Krankheitserreger.
Eine Schädelverletzung ohne Funktionsstörung oder Verletzung des Gehirns bezeichnen die Ärzte als Schädelprellung.
Schädel-Hirn-Verletzungen werden in Schweregrade eingeteilt. Zur einfachen Beurteilung des Schweregrads hat sich weltweit die Glasgow-Koma-Skala (Glasgow Coma Scale, GKS) bewährt. Der Punktwert ("Score") kann auch von Laien anhand der drei Kriterien Bewegung, Sprechen und Augenöffnen errechnet werden. Dazu werden die Punktwerte der drei Kriterien addiert.
Bewegung
Sprechen
Augenöffnen
Ein bewusstseinsklarer Patient hat immer 15 Punkte. Erreicht ein Schädel-Hirn-Verletzter bei der Zustandsbeurteilung mehr als 12 Punkte, so handelt es sich um eine leichte Schädel-Hirn-Verletzung, erreicht er 9–12 Punkte, so hat er eine mittelschwere Schädel-Hirn-Verletzung (Schädel-Hirn-Trauma Grad II), bei Werten darunter eine schwere Schädel-Hirn-Verletzung oder ein Schädel-Hirn-Trauma Grad III. Maßgeblich ist dabei der schlechteste Wert in den ersten 48 Stunden nach der Verletzung.
Die früher übliche, zusammenfassende Bezeichnung Hirnprellung oder Contusio cerebri für alle Schädel-Hirn-Verletzungen, bei denen mittels CT eine Gehirnschädigung festgestellt werden kann, ist zwar anschaulicher, hat aber den Nachteil, dass ohne (gegebenenfalls wiederholtes) CT gar keine Aussage möglich ist.
Hinweis: Wenn der Verletzte bei Eintreffen des Notarztes immer noch deutlich bewusstseinsverändert oder bewusstlos ist, muss von einer mittelschweren oder schweren Schädel-Hirn-Verletzung und damit einer fassbaren Schädigung des Gehirns ausgegangen werden.
Epiduralblutung. Beim Unfall können Hirnhautarterien zerreißen, und zwar auch dann, wenn die Gehirnschädigung nicht erheblich erscheint. Tückischerweise sind diese Gefäßverletzungen von außen nicht zu erkennen. Aus den zerrissenen Arterien strömt unbemerkt Blut mit hohem Druck in den Raum zwischen Schädelknochen und harter Hirnhaut und schädigt das empfindliche Gehirn. Hieran muss gedacht werden, wenn sich das Bewusstsein des Verletzten wenige Stunden nach dem Unfall (erneut) verschlechtert und Ausfälle wie etwa Lähmungen und unterschiedlich weite Pupillen auftreten. Diese Epiduralblutung ist der Hauptgrund dafür, dass auch beschwerdefreie Patienten mit einer Kopfverletzung nicht ohne weitere Betreuung aus dem Krankenhaus entlassen werden. Rechtzeitig operiert, hat ein Patient mit einer Epiduralblutung gute Aussichten.
Subduralblutung. Venen zwischen harter und weicher Hirnhaut können ebenfalls einreißen. Diese Blutungsform heißt Subduralblutung. Wichtig: Während die schnell entstehende akute Subduralblutung fast immer mit einer mittelschweren Schädel-Hirn-Verletzung verbunden ist und somit selten übersehen wird, kann es insbesondere bei älteren Menschen schon bei einer leichten Schädelprellung zu einer chronischen Subduralblutung kommen. Über Wochen sickert dann immer wieder Blut aus den verletzten Gefäßen und führt zu Wesensveränderungen, Kopfschmerzen und zunehmenden Ausfällen, wenn der Unfall schon längst vergessen ist.
Gehirnödem. Auch ohne Blutungen kann das Gehirn – vergleichbar mit der Entstehung einer Beule – anschwellen. Ein solches Gehirnödem führt schnell zu einer Hirndrucksteigerung und damit zur Schädigung des GehirngewebesGehirns.
Gehirnentzündung. Bei einer offenen Schädel-Hirn-Verletzung besteht eine offene Verbindung zwischen Gehirn und Außenwelt. Dies kann, muss aber nicht, zu einem sichtbaren Austritt von Liquor aus Ohr oder Nase führen. Besteht eine solche Liquorfistel über längere Zeit, ist die Gefahr groß, dass Bakterien von außen einwandern und zu einer Hirnhaut- bzw. Gehirnentzündung oder zu einem Hirnabszess führen. Bei geschlossenen Schädel-Hirn-Verletzungen ohne Hirnhautverletzung besteht diese Gefahr nicht.
Diagnosesicherung
Der Notarzt schätzt den Zustand jedes Schädel-Hirn-Verletzten noch am Unfallort mithilfe der Glasgow-Koma-Skala ein und untersucht den Patienten auf weitere Verletzungen, z. B. innere Blutungen oder eine Rückenmarkverletzung. Stellt sich eine mittelschwere oder schwere Schädel-Hirn-Verletzung heraus, wird der Patient nach Stabilisierung von Herz-Kreislauf und Atmung in ein Krankenhaus mit (neurochirurgischer) Intensivstation gebracht. Dort fertigen die Ärzte sofort ein CT an, veranlassen Blutuntersuchungen und kontrollieren den Zustand des Patienten fortlaufend.
Wenn die akute Situation unter Kontrolle ist, sind oft weitere Untersuchungen sinnvoll, um zusätzliche Unfallfolgen nicht zu übersehen. Dazu gehört z. B. die Augenuntersuchung, um eine Einblutung in den Glaskörper oder eine Netzhautablösung zu erkennen.
Differenzialdiagnosen. Unfälle mit Schädel-Hirn-Verletzungen können durch Bewusstseinsstörungen aufgrund anderer Ursache entstehen, z. B. bei schwerer Hypoglykämie, Vergiftungen, Schlaganfall oder Hirnblutungen.
Der unmittelbar beim Unfall entstandene Schaden am Gehirn kann nicht rückgängig gemacht werden. Eine optimale Einstellung der Herz-Kreislauf- und Atemsituation (oft ist hierzu eine künstliche Beatmung notwendig), der schnelle operative Eingriff bei Blutungen und die Behandlung einer eventuellen Hirndrucksteigerung sollen Folgeschäden des Gehirns vermeiden und haben sich für die weitere Rehabilitation des Betroffenen als wesentlich erwiesen.
Die Rehabilitation des Patienten beginnt bereits auf der Intensivstation. Entscheidend ist das Vermeiden von Komplikationen, etwa Lungenentzündung oder Wundliegen, da diese den Zustand des Kranken verschlechtern und dadurch seine Rehabilitation verzögern. Bei Bewusstlosen ist es zudem oberstes Ziel, den Kontakt zum Kranken wiederherzustellen.
Sobald sich der körperliche Zustand des Verletzten stabilisiert hat, suchen Ärzte und Sozialarbeiter nach einer geeigneten (Früh-)Rehabilitationsklinik. Pauschale Aussagen über die Dauer der Rehabilitation sind nicht möglich, meist dauert sie aber Monate.
Die Aussichten nach einer Schädel-Hirn-Verletzung hängen von vielen Faktoren ab. Je schwerer die Hirnschädigung, je länger der Betroffene bewusstlos und je älter er ist, desto schlechter ist die Prognose.
30 bis 40 % der Patienten mit schwerer Schädel-Hirn-Verletzung versterben, etwa 30 % bleiben schwer, bis zu 20 % mittelgradig behindert. Ein kleiner Teil der Patienten (7–27 %) erholt sich wieder.
Folgeschäden. Nach jeder Schädel-Hirn-Verletzung kann sich eine symptomatische Epilepsie entwickeln und Ausfälle wie etwa eine Lähmung oder der Verlust des Geruchssinns zurückbleiben. Besonders gefürchtet sind aber neuropsychologische Dauerfolgen, etwa eine verminderte allgemeine Belastbarkeit mit Konzentrationsstörungen und rascher Überforderung bei komplizierteren Problemen. Auch Wesensveränderungen wie z. B. Antriebslosigkeit oder Reizbarkeit sind möglich. In schweren Fällen bleibt der Betroffene geistig schwer beeinträchtigt und pflegebedürftig.
Eine durchgemachte Schädel-Hirn-Verletzung erhöht das Suizidrisiko der Betroffenen. In einer großen Studie an über 230.000 Patienten war die Suizidrate in einem Zeitraum von etwa 10 Jahren danach dreimal so hoch wie in der Normalbevölkerung.
Unfällen lässt sich kaum vorbeugen. Einige Maßnahmen schützen aber davor, sich dabei eine Schädel-Hirn-Verletzung zuzuziehen. Dazu gehören folgende Schutzmaßnahmen:
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