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Polyneuropathie (PNP, Polyneuritis): Nicht verletzungsbedingte Funktionsstörungen mehrerer peripherer Nerven, die sich oft durch Ameisenlaufen, Kribbeln oder Schmerzen äußern. Zu den häufigsten Ursachen gehören zu je einem Drittel der Fälle Diabetes und Alkoholabhängigkeit, allerdings können auch Infektionen, Vergiftungen, Gefäßentzündungen oder angeborene Erkrankungen zu Polyneuropathien führen.
Neben der Behandlung der zugrundeliegenden Erkrankung kommen Schmerzmittel, Antiepileptika und Antidepressiva zum Einsatz. Meist ist damit jedoch nur eine Linderung der Beschwerden und keine völlige Schmerzfreiheit zu erzielen.
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Polyneuropathien beginnen in der Regel schleichend, häufig mit strumpf- oder handschuhförmigen Empfindungsstörungen an Beinen bzw. Armen. Während in erster Linie Missempfindungen und Schmerzen den Betroffenen belasten und daher zur Arztpraxis führen, werden Ausfälle wie etwa ein vermindertes Vibrationsempfinden erst spät bemerkt, etwa wenn es durch fehlende Rückmeldung über die Bodenbeschaffenheit zu Gehstörungen gekommen ist.
Sind Nerven beeinträchtigt, die für Muskelbewegungen zuständig sind, kommt es zu Muskelschwäche oder Lähmungen. Sind Nerven des vegetativen Nervensystems betroffen, können Magen-Darm-Beschwerden, sexuelle Störungen und Blasen- oder Darmentleerungsstörungen folgen. Führt die Nervenschädigung zu einer gestörten Blutdruckregulation, entwickelt sich manchmal eine orthostatische Dysregulation mit Schwindelgefühl beim Aufstehen aus dem Liegen. Auch die Hautdurchblutung leidet, was sich z. B. durch hartnäckigen Hautpilz der Zehen zeigen kann, nicht selten aber erst bei Vorliegen von Hautgeschwüren bemerkt wird.
Unzählige Erkrankungen und Substanzen können die Nerven schädigen. Zu den wichtigsten Ursachen gehören
Die Ursacheneingrenzung gleicht manchmal der berühmten Suche nach der Nadel im Heuhaufen (und bleibt in etwa 20 % erfolglos). Sie ist aber notwendig, weil die Polyneuropathie bei weiter bestehender Schädigungsursache fortschreitet, wohingegen die Chancen auf (langsame) Besserung der Beschwerden nach Beseitigung der Ursache gut sind.
Die Diagnostik beginnt mit diversen neurologischen Untersuchungen, wobei die Ärzt*in Sensibilität, Vibrationsempfinden (siehe Abbildung), Motorik und Reflexe genau prüft. Außerdem folgen Blutuntersuchungen auf mögliche Auslöser, z. B. auf Giftstoffe, erhöhten Blutzucker, Syphilis-Antikörper oder Vitaminmangel.
Erhärtet wird der Verdacht auf eine Polyneuropathie durch eine Messung der Nervenleitgeschwindigkeit und eine Elektromyografie. Beide Untersuchungen sind unangenehm, da feine Nadeln unter die Haut eingestochen werden, aber gut erträglich.
Im Zweifel werden auch kleine Gewebeproben entnommen, z. B. von Nerven oder von der Haut, um diese unter dem Mikroskop untersuchen zu lassen.
Ob die autonomen Nervenfasern des Herzens geschädigt sind, wird mithilfe des EKGs geprüft. Eine Schädigung der Blasennerven äußert sich zumeist durch die inkomplette Blasenentleerung der Blase, d. h., es verbleibt nach dem Wasserlassen Restharn in der Blase. Diesen Restharn wird z. B. mithilfe einer Ultraschalluntersuchung nachgewiesen.
Differenzialdiagnosen. Symmetrisch verteilte Missempfindungen und Schmerzen an Armen oder Beinen finden sich auch bei der Peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK), Funikulärer Myelose, Neurosyphilis oder bei Nervenkompression durch Bandscheibenvorfälle.
Neben der Ursachenbehandlung (Diabetes optimal einstellen, Alkoholkonsum reduzieren, Infektionen behandeln) verordnet die Ärzt*in zusätzlich Medikamente gegen die oft quälenden Missempfindungen und Schmerzen. Dabei ist Geduld gefragt, da die Medikamente oft mehrere Wochen brauchen, um wirksam zu werden. Zudem lässt sich meist keine völlige Schmerzfreiheit erzielen, häufig ist jedoch eine Linderung der Schmerzen auf ein akzeptables Niveau möglich.
Bei leichten, nicht kontinuierlichen Schmerzen empfehlen die Leitlinien einen Behandlungsversuch mit Schmerzmitteln wie Paracetamol oder Metamizol. Reichen diese nicht aus oder handelt es sich von vorneherein um mittelschwere oder starke Schmerzen und Missempfindungen, werden folgenden Wirkstoffe einzeln oder in Kombination verabreicht:
Physio- und Ergotherapie helfen, Gelenkversteifungen zu vermeiden und Muskeln wiederaufzubauen. Individuell angepasste Hilfsmittel können die Gangsicherheit erhöhen und Immobilität vorbeugen.
Lässt sich bei einer Polyneuropathie der Auslöser frühzeitig abstellen, ist die Prognose gut. Je später jedoch die Erkrankung erkannt wird, desto höher ist die Gefahr, dass die Nerven schon bleibend geschädigt sind. In diesen Fällen lassen sich die Beschwerden mit den genannten Medikamenten jedoch häufig zumindest lindern.
Füße gut pflegen. Die Empfindungsstörungen bei Polyneuropathien können gefährliche Folgen haben. Dadurch, dass Druckstellen oder kleine Fußverletzungen nicht mehr bemerkt werden, entwickeln sich sehr leicht Fußgeschwüre. Vor allem Diabetiker sind häufig vom diabetischen Fußsyndrom betroffen, weil bei ihnen zusätzlich die Wundheilung gestört ist. Achten Sie deshalb auf eine gute Fußpflege und tragen Sie nur gut passendes Schuhwerk.
Mobil bleiben. Nutzen Sie physikalische Therapien und Krankengymnastik, um gelenkig zu bleiben. Auch Wechselbäder können die Durchblutung steigern und schwache Muskeln wieder stärken.
Wadenkrämpfe lindern. Zur Behandlung von Wadenkrämpfen kann Magnesium versucht werden. In manchen Fällen verschreibt die Ärzt*in auch das rezeptpflichtige Chinin.
Schwindel- und Schwächegefühle behandeln. Wenn die Blutdruckregulation gestört ist und Sie unter einer orthostatischen Dysregulation leiden, tragen Sie Stützstrümpfe. Außerdem sollten Sie immer langsam aufstehen, um keinen Schwindel zu provozieren. Regelmäßiges Muskeltraining fördert zudem die Venenpumpe.
Blasenstörungen in den Griff bekommen. Gehen Sie regelmäßig zur Toilette, damit sich nicht zu viel Restharn in der Blase ansammelt. Suchen Sie bei starker Beeinträchtigung ihre Hausarztpraxis auf, diese kann Ihnen mit Medikamenten helfen.
Erektionsstörungen ansprechen. Polyneuropathien machen auch vor dem vegetativen Nervensystem nicht halt. Zudem stören auch die zur Behandlung der Missempfindungen eingenommenen Medikamente manchmal die Erektion. Sprechen Sie bei Erektionsstörungen mit Ihrer Ärzt*in, er kann Ihnen beispielsweise mit der Verordnung eines PDE-5-Hemmers oder auch einer Vakuumpumpe helfen.
Magnettherapie. Neuere Studien zeigen positive Effekte bei diabetischer Neuropathie. Auf welchem Mechanismus die Wirkung der Magnettherapie beruht, ist aber derzeit noch unklar.
Transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS). Manchen Patienten hilft es, eine schmerzhafte Hautregion elektrisch zu stimulieren. Ob die TENS bei Polyneuropathie wirksam ist, wurde bisher jedoch nicht in kontrollierten Studien nachgewiesen.
Homöopathie. Die Homöopathie empfiehlt u. a. Aconitum C3, D4 bei neuralgischen, stechenden, brennenden Schmerzen, Agaricus muscarius D6 und D12 bei Missempfindungen (z. B. Taubheitsgefühl und "Ameisenlaufen"), Spigelia D6 und D12 bei periodisch auftretenden neuralgischen Schmerzen und Verbascum D1, D2 und D3 bei neuralgischen Gliederschmerzen mit Lähmungsgefühl
Weiterführende Informationen
Die Deutsche Polyneuropathie Selbsthilfe e.V. unterstützt Betroffene und ihre Familienangehörigen. Die Webseite findet sich unter https://polyneuro.de/index.php?id=16
Seite mit Blogs zum Leben mit Polyneuropathie von Betroffenen: https://polyneuropathie-pnp.jimdofree.com/.
Ein Faltblatt mit Informationen zur Polyneuropathie finden Sie auf der Webseite der Deutschen Gesellschaft für Muskelkranke e.V.: https://www.dgm.org/muskelerkrankungen/polyneuropathie
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