Gesundheit heute

Traditionelle Phytotherapie

Die auf jahrhundertelange Erfahrung aufbauende traditionelle Phytotherapie (traditionelle Pflanzenheilkunde, Kräutermedizin) verwendet die aus vollständigen Pflanzen oder Pflanzenteilen gewonnenen Komplettauszüge wie Aufgüsse oder Tees, die vor allem als Teil der Selbsthilfe genutzt werden.

Die erfahrungsheilkundlich orientierte Phytotherapie wird manchmal auch als Klostermedizin bezeichnet, da es im Mittelalter die Klöster waren, die das pflanzenheilkundliche Wissen bewahrten und vermehrten.

Viele der etwa 700 hierzulande verwendeten Arzneipflanzen sind im Arzneibuch (Herausgeber: Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte) beschrieben. Hier sind solche Kräuter aufgeführt, deren Inhaltsstoffe chemisch genau charakterisiert sind. Im Arzneibuch ist festgelegt, welche Pflanzenteile wie verwendet werden, wie sie zu lagern sind und wie ihre Qualität zu prüfen ist.

Apotheken (nicht aber Nahrungsmittelläden oder Drogerien) müssen sich an die Qualitätsvorschriften des Arzneibuchs halten, sodass eine verlässliche pharmazeutische Güte der Produkte anzunehmen ist. Ein Wirkungsnachweis muss für die traditionell angewendeten Heilkräuter nicht erbracht werden.

Mit wenigen Ausnahmen (etwa Pflanzen mit gefährlichen Nebenwirkungen) sind Heilpflanzen frei verkäuflich.

Viele der Überlieferungen im Bereich der traditionellen Phytotherapie sind nicht wissenschaftlich untermauert und damit auch offen für Deutungen und Umdeutungen. So beruft sich etwa die ab den 1970er Jahren entwickelte Hildegard-Medizin auf das Wissen der Nonne Hildegard von Bingen aus dem 12. Jahrhundert, kann aber für die Wirksamkeit der vorgeschlagenen Therapien keine ausreichenden wissenschaftlichen Beweise erbringen. Dasselbe gilt für die in den 1980er Jahren berühmt gewordene Kräuterfibel der Maria Treben: „Gesundheit aus der Apotheke Gottes“.

Weiterlesen:

  • Die verschiedenen Heilverfahren im Überblick
  • Grundlagen der Phytotherapie
  • Rationale Phytotherapie

Von: Dr. med. Herbert Renz-Polster in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014).

Zurück

Aktuelle Beiträge zum Thema

  • Trocken bleiben mit Baclofen
    Weniger Rückfälle bei Alkoholsucht

    Seit 2008 gibt es Hinweise darauf, dass der Wirkstoff Baclofen alkoholkranken Menschen helfen könnte, abstinent zu bleiben. Die Cochrane Organisation hat diese Studien nun kritisch…

    mehr

  • Wie ADHS-Medikamente langfristig helfen
    Weniger Suizide, seltener krank

    ADHS-Medikamente wirken einerseits, indem sie akute Beschwerden lindern. Sie haben darüber hinaus aber auch langfristig einen positiven Einfluss auf das Leben der Betroffenen, wie…

    mehr

  • Herzgefahr durch Gicht
    Frauen besonders betroffen

    Männer und Frauen mit Gicht leben gefährlich. Denn sie haben ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie z.B. Schlaganfall, Thrombose oder Lungenembolie.

    Gicht macht…

    mehr

  • Wärmepflaster gegen Schmerzen
    Schnelle Hilfe für den unteren Rücken

    Eine falsche Bewegung – und schon zwickt es im unteren Rücken. Linderung versprechen da praktische Wärmepflaster. Doch in welchen Fällen helfen sie wirklich?

    Moderate Wärme…

    mehr

  • Herzrisiko am Maßband ablesen
    Taille spricht Bände

    Zu viele Pfunde auf den Rippen schaden der Gesundheit. Um das Risiko für Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen genauer zu beziffern, reicht ein einfaches Maßband.

    Auch bei…

    mehr

  • Auch ohne Hormone sicher verhüten
    Keine Lust auf die Pille?

    Jahrzehntelang war die „Pille“ die am häufigsten verwendete Verhütungsmethode. Das hat sich geändert: Immer mehr Frauen sehen die dauerhafte Hormoneinnahme kritisch, und viele…

    mehr